Das Persönliche Budget

Vielen Menschen ist nicht bekannt, dass die Budgetleistungen zunächst grundsätzlich von jedem behinderten bzw. von Behinderung bedrohten Menschen beantragt werden können, unabhängig von der Art, Schwere oder Ursache der Behinderung. ( seelische, körperliche und geistige Behinderungen). Grundlage hierfür ist das SGB IX, § 17.

Budgetfähige Leistungen sind alltägliche und wiederkehrende Bedarfe zur Rehabilitation und Teilhabe (auch der Pflege).

Bisher gab es in Deutschland zur Erprobung des TPB (trägerübergreifendes Persönliches Budget) Modellregionen, in welchen seit 01.07.2004 Budgetanträge in unterschiedlichster Form bearbeitet und entschieden wurden.
Dazu gibt es einen ausführlichen Bericht der Bundesregierung mit Auswertungsstand 31.12.2006.

Ab 01.01.2008 kann das TPB grundsätzlich in allen Bundesländern beantragt werden, vorzugsweise sind dazu„Gemeinsame Servicestellen für Rehabilitation“ geschaffen worden, die diese Anträge entgegennehmen sollten und entsprechend der persönlichen Situation der Betroffenen an die zuständigen Leistungsträger weiterleiten.
Diese Servicestellen existieren bereits, sind aber nach meinen eigenen umfangreichen Recherchen noch nicht voll arbeitsfähig (www.reha-servicestellen.de).

Der Antrag kann formlos bei den Servicestellen oder auch bei den einzelnen Leistungsträgern erfolgen.

Es kommt zu einer individuellen Bedarfsermittlung für den behinderten Menschen.

Dies ist dann die Grundlage für die Festlegung der Budgethöhe. 

Die Bedarfsermittlung erfolgt vorzugsweise über einen Hilfebedarfsbogen, entworfen von Frau Dr. Metzler von der Universität Tübingen. Dies ist Aufgabe der Leistungsträger, eine aktive Mitwirkung aller beteiligten Partner ist jedoch unabdingbar.
Kann mittels des „Metzler-Bogens“ der individuelle Bedarf nach Auffassung der Betroffenen nicht ausreichend festgestellt werden, muss eine individuelle Bedarfsermittlung erfolgen.
Wenn der Bedarf feststeht, wird dieser in einen Geldbetrag umgerechnet. 

Achtung: 
Der tatsächliche Einkaufspreis der einzelnen Leistungen ist vorher zu beachten und zu berechnen (Lohnkosten im Arbeitgebermodell, Kostenvoranschläge von Leistungsanbietern, u.v.m.). Zur Unterstützung bieten hier die verschiedenen Selbsthilfeverbände zur Anwendung des Arbeitgebermodells Musterarbeitsverträge an.

Nach erfolgter Bedarfsfeststellung und Umrechnung des Bedarfs in einen entsprechenden Geldbetrag ergeht an die Betroffenen ein amtlicher Bescheid, der auch rechtsmittelfähig ist (d.h., es kann Widerspruch eingelegt werden).

Der so ermittelte Geldbetrag wird jeweils zum Monatsbeginn auf das Konto des Bezugsberechtigten überwiesen, der Betroffene kann somit selbständig und selbstbestimmt mit diesem Geld seine notwendigen Rehabilitations-Teilhabe und Pflegeleistungen einkaufen und organisieren.
Bei Menschen mit geistiger Behinderung wird diese Aufgabe auch von (amtlichen) Betreuern übernommen.

Zum Bescheid gehört auch der Abschluss einer Zielvereinbarung, in welcher die für den vereinbarten Budgetzeitraum erreichbaren Ziele für den Betroffenen festgeschrieben sind.

Überwiegend wird formuliert, dass für den Betroffenen durch die vereinbarten Hilfeleistungen eine bessere Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft durch fortgesetzte Rehabilitation und das Erreichen einerbestmöglichen Selbständigkeit erreicht werden soll.
Am Ende eines Budgetzeitraumes erfolgt ein entsprechender Nachweis in einer geeigneten Form ( Ortstermine, Gutachten, Protokolle, Videos u. a. m.). Danach werden der neue Hilfebedarf eingeschätzt und neue Ziele formuliert.
Der Budgetzeitraum für die Zielvereinbarungen sollte mindestens 2 Jahre umfassen, um den Aufwand für alle Beteiligten vertretbar zu halten.

Noch unklar ist die geforderte Nachweisführung der verwendeten Geldleistungen, ebenso der Umgang mit aufgelaufenen Guthaben. Vorzugsweise sollte eine Nachweisführung pro Jahr genügen, mögliche Guthaben sollten zielführend eingesetzt werden.
Die Budgetverwaltung wird derzeit nicht im Budget honoriert. Dies sollte vor allem für Menschen mitHirnverletzungen angestrebt werden, da hier die Budgetverwaltung zum großen Teil die Angehörigen übernehmen müssen.

Die Chancen des TPB liegen eindeutig in der Möglichkeit, erforderliche Dienstleistungen für den behinderten Menschen selbständig einzukaufen, den Tagesablauf weitgehend selbständig und selbstbestimmt zu organisieren und in der Stellung des Betroffenen als Kunde und nicht mehr als Bittsteller. Das Risiko liegt in einer zu geringen Bedarfsfeststellung, welche eine permanente Unterversorgung des Betroffenen zur Folge hätte.

Aus eigener Erfahrung kann ich behaupten, dass aber die Chancen hier weit überwiegen. Sollte allerdings der Bedarf als zu gering festgestellt sein, kann entweder Widerspruch eingelegt werden oder man kehrt zu den ursprünglichen Leistungen zurück. In der weiteren Folge sollten Sie die Gelegenheit wahrnehmen und mit mir in den Erfahrungsaustausch zu treten, da sich nur anhand der konkreten Beispiele die Bedeutung des Budgets und dessen richtige Anwendung demonstrieren lässt.

Dafür stehe ich gern zur Verfügung.

Jutta Beiersdorf